Mein Vorschlag: Friesenbad

Erst durch die riesige Baulücke am Friesenplatz ist mir aufgefallen, daß es in Köln keine Weite gibt. Ich lebe in einer engen Stadt. Die sogenannten Plätze sind gar keine, denn sie geben den Blick nicht frei. Mit dem Abriß eines ganzen Blocks am Friesenplatz ist sie plötzlich da - die Weite. Die Silbe "-platz" erlangt Bedeutung: Freies Atmen an einem Ort von dem aus die Häuserzeilen mit einem Blick erfasst werden können. Aber auch dieser temporäre Frei-Raum ist nur die Baustelle für einen weiteren monolithischen Bürokomplex – das Ringkareé. Da habe ich einen besseren Vorschlag. Mein Vorschlag: Friesenbad. Ich schlage vor ein riesiges Freibad mitten in die City zu bauen - eine magische blaue Wasserfläche, die Licht und Wolken reflektiert. Im Zentrum von Köln erfreut uns lebenspendendes und erfrischendes Nass. Nach den engen Gassen und Strassen der Stadt erfährt der Blick die großartige Weite der Freibadarchitektur...

Das Friesenbad hat für mich nicht nur eine architektonisch-ästhetische Dimension. Wozu brauchen wir im Zeitalter mobiler Kommunikation immer neue Bürogebäude? Mit dem Notebook, dem Handy und mit dem Internet wird die räumliche Konzentration von Büroarbeit in einem Gebäude zunehmend überflüssig. Bürogebäude werden leerstehen, wir treffen uns zur Arbeit am Swimmingpool. Das Leben ist nicht mehr aufgeteilt in Arbeit und einem Urlaub bei dem unsere schlaffen, weissen Bürokörper die Strände in aller Welt unsicher machen. Arbeit und Freizeitvergnügen finden innerhalb eines Tages statt und zwar im Zentrum der Zivilisation. Angesichts einer Welt in der es immer weniger Arbeit für immer mehr Menschen gibt, ist das innerstädtische Freibad an dem sich die arbeitende und die nicht-arbeitende Bevölkerung gemeinsam vergnügen, ein Ort der sozialen Integration. Das schlechte Wetter – wenn wir den ganzen Sommer täglich trainieren, wird es uns nicht vom Schwimmvergnügen abhalten. Denken Sie daran, daß das Friesenbad geheizt ist. Und im Winter? Im Winter wird das Friesenbad zur Freiluft-Eisbahn.

Die Funktion der Innenstadt von Köln scheint mir inzwischen weitesgehend durch Konsum, Freizeit und Nachtleben bestimmt. Wirtschaftsfaktor Freizeitindustrie lautet hier das Stichwort. Als Innenstadtattraktion könnte das Friesenbad Köln in der ganzen Welt bekannt machen. Man stelle sich die Stimmung in unserer Stadt während der Sommermonate vor. Und Stimmung und Inspiration sind wichtige Vorraussetzungen für Innovation – beinahe das einzige was die europäische Zivilisation den Niedriglohnländern angesichts der Globalisierung noch entgegensetzen kann. Das Friesenbad ist notwendig, damit wir im weltweiten Konkurrenzkampf bestehen können – damit wir fit sind!

Ich werde das Friesenbad durchsetzen, weil Sie, die Kölner alle das Friesenbad wollen. Noch ist es eine Idee, aber bald wird es Wirklichkeit. Man wird das gerade neugebaute Ringkareé nicht gleich wieder abreißen. Der Innenhof ist für eine Kompromißlösung – das Freibad inmitten eines Bürokomplexes – hervorragend geeignet. Und Sir Norman Foster wird sicher eine elegante architektonische Lösung für die Bedürfnisse unserer Stadt finden.

Graw Böckler

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